Kreta

Immer wieder Kreta



1974 war's, in den Osterferien, als ich, damals 17jährig, zum ersten Mal auf Kreta war.
Eine Gruppe von Schülern meines Jahrgangs (auch jüngere und ältere, aber alle nicht volljährig) hatten sich mit Unterstützung eines Studenten einen Gruppenfahrschein für den Hellas-Express nach Athen gekauft. Ich war mit einigen Freunden dabei, obwohl ich heute nicht mehr genau weiß, wie ich es meinen Eltern beibrachte, noch wie ich überhaupt dazu kam.

Danach war jedenfalls alles anders:
Die auf kretischen Wegen ausgelatschten Schuhe passten irgendwie nicht mehr so recht ins Tanzstunden-Millieu, wurden aber tatsächlich provokativ beim Abschlussball getragen. Auch die Haare wuchsen seltsam schneller und am Flaum im Gesicht wurde nicht mehr rumgekratzt. Der Rucksack kam nicht wieder in den Keller, sondern hing im Zimmer an der Wand.

Eines war klar: Ich musste wieder nach Kreta.
Gleich im folgenden Jahr war ich drei Mal dort und in den Jahren darauf habe ich aufgehört zu zählen.

Vieles hat sich über die Jahre verändert.
Die Erinnerung verblasst ...

... aber auch nach mehr als 30 Jahren ist die Südküste Kretas immer noch eine Reise wert.















Längst ist der Funke auf die nächste Generation übergesprungen:
Mein Sohn Joscha entdeckte den Reiz der Insel und des Rucksackreisens.











Im 30. Jahr meiner Kreta-Verbundenheit habe ich meine Mutter zu einer kleinen Kretareise eingeladen. An wohlbekannten Orten wurden meine Erinnerungen wach und ich habe manches Erlebnis erzählt. Ich glaube, meine Mutter weiß jetzt, warum es mich in jungen Jahren immer wieder nach Kreta gezogen hat.

















Was ist denn das?

35 Jahre Kreta-Verbundenheit - aber 27 Jahre davon weigerte ich mich zur Kenntnis zu nehmen, dass ich so etwas brauche.

Nur ein Touristen-Souvenir?
Ich hatte ja keine Ahnung, bis ich das Buch von Aris Evangelinos gelesen habe...
Seitdem ist dieses kleine Ding mein ständiger Begleiter. Es bei mir zu wissen, gibt mir etwas beruhigendes, denn es kann in meinen Fingern jeder Gemütslage Ausdruck verleihen. Es ist einfach nur da, wenn ich nichts anderes habe, um mich daran festzuhalten und es hüpft in meiner Hand, um sich mit mir zu freuen.
Wer wissen möchte, wie das kleine Ding in Griechenland heißt, findet die Antwort in Aris Evangelinos Buch:

Das Komboloi hat seinen Ursprung im Orient. In Griechenland wurde es zuerst in den Händen der türkischen Besatzer gesehen. Es brauchte nicht lange, bis es in die Hände der Griechen gelangt war. Wie war das geschehen? Viele Fragen, wenig Antworten und ungewisse überdies.
Geschah es aus Rivalität mit den Türken? War es Neugier, Eifersucht oder Nachahmung? War es die Folge jahrelangen engen Zusammenlebens mit den Türken, die viele ihrer Wörter ins Griechische und viele ihrer Gewohnheiten in das Leben der Griechen einbrachten? Egal, wie die Antwort lauten mag, die Anzahl derer, die Komboloia hatten, wurde immer größer, da mehr und mehr Griechen danach trachteten, eines in ihren Besitz zu bringen. Entweder kauften sie eines oder stellten es selbst her, entsprechend ihren Vorlieben, was Größe, Farbe und Form der Perlen anbelangt. Keine religiösen Vorschriften hielten sie davon ab, mehr oder weniger Perlen auf einen Strang aufzufädeln, denn die Griechen hatten keine 99 Gebete zu rezitieren oder zu zählen. Buddhisten, Hindus, Moslems, Katholiken, orthodoxe Mönche, alle zählten ihre Gebete mit einem Durchlauf der Perlen – ihre Kommunikation mit dem Himmel. Die Griechen nutzten ihr Komboloi in Momenten der Freude oder der Sorgen und in ihren verlassenen Momenten von Einsamkeit und Schmerz in einem ungebrochenen Kreislauf ohne Anfang und Ende.

Frei übersetzt aus Aris Evangelinos „The Komboloi and its History“ ISBN 960-86271-1-7

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